BRAND AUF COVID-STATION

Die Explosion einer Sauerstoffflasche auf einer Intensivstation für Corona-Patienten führte in Bagdad zur Katastrophe: 82 Tote und 110 Verletzte fielen dem nachfolgenden Brand zum Opfer.

Autor: Rudolf Lobnig

Bei einem verheerenden Brand auf der Intensivstation für Corona-Patienten im Ibnal-Khatib-Krankenhaus im Südosten der irakischen Hauptstadt Bagdad kamen Dutzende Menschen ums Leben. Es gebe 82 Todesopfer und 110 Verletzte, teilte das irakische Innenministerium am Sonntag, dem 25. April 2021, mit. Der Brand war demnach durch die Explosion falsch gelagerter Sauerstoffflaschen ausgelöst worden und hatte sich wegen des Fehlens einer Brandschutzanlage schnell ausgebreitet. Der irakische Gesundheitsminister wurde noch am Sonntag vom Dienst suspendiert.

Feuerwalze
Das Feuer in der schweren Covid-19-Fällen vorbehaltenen Intensivstation brach mitten in der Nacht aus. An den Betten der rund 30 Patienten hielten demnach Dutzende Angehörige Wache. Eine Sauerstoffflasche soll durch einen Unfall explodiert sein. Dann folgte eine tödliche Kettenreaktion: Mehr Flaschen mit dem lebensrettenden Gas flogen in die Luft und eine Feuerwalze fraß sich durch die Räume. Ärzte und Pfleger sprangen aus den Fenstern im zweiten Stock, um sich zu retten. Angehörige stürmten in das brennende Hospital, um ihre Verwandten vor dem Feuertod zu bewahren. In rascher Folge griffen die Flammen auf 16 Räume, wo auch schwerkranke Corona-Patienten untergebracht waren, über. Viele Patienten starben, weil sie bewegt und von den Beatmungsgeräten getrennt werden mussten, teilte die Zivilschutzbehörde mit. Andere fanden durch Rauchvergiftungen den Tod.

Krankenhaus ohne Brandschutzsystem
Mehr als 200 Patienten konnten nach Angaben des Gesundheitsministeriums gerettet werden. Wobei nach Aussagen von Augenzeugen nicht die Rettungskräfte, sondern Zivilisten die Menschen in Sicherheit gebracht haben, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Das Krankenhaus habe kein Brandschutzsystem gehabt, teilte der Zivilschutz mit. Auch in dem Gebäude eingezogene Zwischendecken trugen dazu bei, dass sich die Flammen bis zu den in der Klinik aufbewahrten leichtentzündlichen Produkten ausbreiten konnten. So war eine abgehängte Decke nicht feuerfest, sondern beschleunigte den Brand noch. Ferner gab es auf der Intensivstation weder einen Notausgang noch eine Sprinkleranlage oder Löschschläuche. Führende Mitarbeiter sind rauchend im Krankenhaus herumgelaufen, auch in jenen Bereichen, wo die Sauerstoffflaschen gelagert wurden.

Grassierende Korruption
Zuvor hatte der Regierungschef bereits eine sofortige Untersuchung des Unglücks angeordnet und den Chef der Gesundheitsbehörde sowie den Direktor, den Sicherheitschef und den Technik-Chef des Krankenhauses suspendiert. Premierminister Mustafa al-Kadhimi verhängte außerdem eine dreitägige Staatstrauer. Nach den jahrzehntelangen Konflikten und Kriegen sind die Krankenhäuser im Irak schlecht ausgestattet. Es fehlt an Betten und Medikamenten. Der schlechte bauliche Brandschutz und die Missachtung von Sicherheitsvorschriften werden auch auf die weit verbreitete Korruption zurückgeführt. Am Mittwoch hatte die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen im Irak die Marke von einer Million übersprungen. Bislang wurden mehr als 15.000 Corona-Tote in dem Land registriert. Von den rund 40 Millionen Einwohnern des Krisenlandes haben bislang rund 300.000 Menschen mindestens eine Corona-Impfdosis erhalten.

Tankexplosion in Russland
Im Oktober 2020 explodierte an der Außenwand eines Krankenhauses für Corona-Patienten in Tscheljabinsk (Russland) ebenfalls ein Tank mit medizinischem Sauerstoff. Videos zeigen, wie es in der Stadt am Ural eine gewaltige Detonation gab. Durch die Wucht wurden auch umliegende Häuser beschädigt, wie die Behörden mitteilten. Menschen wurden aber nicht verletzt. Die 160 Patienten seien in eine andere Klinik oder in ein Gebäude des städtischen Stadions gebracht worden. Weshalb es zu der Explosion etwa 1500 Kilometer östlich von Moskau kam, ist bislang unklar. Die Behörden teilten der Staatsagentur Tass zufolge mit, dass der Tank zur Versorgung von Patienten mit Sauerstoff erst wenige Tagen zuvor installiert worden sei.

Die unterschätzte Gefahr

Sauerstoff (Oxygenium) ist ein farbloses und geruchloses Gas, das ungefähr in einer Konzentration von 20,9% in unserer Luft vorkommt und von beinahe allen Lebewesen zum Leben benötigt wird. Darüber hinaus findet es auch in der Medizin und Wissenschaft sowie einer Vielzahl von Industriebereichen Anwendung. Sauerstoff selbst ist zwar nicht brennbar, allerdings für Verbrennungsvorgänge zwingend notwendig. Dabei gilt: Je höher der Anteil dieses Gases, desto besser der Verbrennungsvorgang. Sauerstoff ist das häufigste Element der Erdkruste und hat einen Massenanteil von 50,5% an der Erdhülle. Medizinischer Sauerstoff wird vor allem in der Notfallmedizin benötigt. Bei der Anwendung und Lagerung müssen allerdings einige wichtige Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, um keine Unfälle zu riskieren. Denn das Gefahrenpotenzial von reinem Sauerstoff ist nicht zu unterschätzen. Sauerstoff (O2) ist für den Menschen überlebenswichtig und wird zum überwiegenden Teil durch die Lungen über die Luft aufgenommen, in welcher rund 20.95% enthalten sind. Medizinischer Sauerstoff ist meist in entsprechenden Gasflaschen erhältlich, und findet etwa als Trägergas in der Anästhesie Verwendung. Es wird aber auch für therapeutische Behandlungen wie in der Schmerztherapie eingesetzt. Mit medizinischem Sauerstoff gefüllte Gasflaschen sind in der Europäischen Union grundsätzlich nur in weißen Gasdruckflaschen erhältlich. Gefahr geht vom hohen Gasdruck (200 bar) aus, der bei unsachgemäßer Behandlung zur Explosion der Flasche führen kann. Reiner Sauerstoff wirkt stark brandfördernd, seine Konzentration ist dabei fast 5-mal so hoch wie in Luft. In flüssiger Form ist Sauerstoff noch gefährlicher. Immerhin wurde flüssiger Sauerstoff auch als Raketentreibstoff eingesetzt.

Wann wird Sauerstoff bei Corona benötigt?
Das neu entdeckte Corona-Virus SARS CoV-2 verursacht eine Infektion der Atemwege (COVID-19). Entwickelt sich eine Lungenentzündung, die die Sauerstoffaufnahme des Körpers stark beeinträchtigt, wird medizinischer Sauerstoff als Therapiemittel eingesetzt. In leichten Fällen hilft meist bereits die Gabe von Sauerstoff über einen kleinen Schlauch in der Nase. Das erhöhte Sauerstoffangebot in der eingeatmeten Luft erleichtert zugleich die Sauerstoffaufnahme in der Lunge. Erzielt die Sauerstoffgabe keinen ausreichenden Effekt oder ist die Atmung für den Patienten zu anstrengend, kann eine Mund-Nasen-Maske die Atmung unterstützen. Über die Maske lässt sich der Druck in der Atemluft regulieren. So wirkt die Maske wie ein zusätzlicher Atemmuskel, der einen Teil der Arbeit übernimmt. Um richtig zu wirken, muss sie so dicht wie möglich sitzen. Eine 100%ige Dichte erreicht sie jedoch nie. So ist deshalb bei schweren Verläufen eine Beatmung über einen Beatmungsschlauch (Tubus) erforderlich. Nachdem der Tubus über die Luftröhre in die Lunge eingeführt wurde, lässt sich der Druck in der Lunge und dadurch die Atmung regulieren. Man spricht in diesem Fall von einem invasiven Verfahren, da ein Eingriff in den Körper des Patienten erfolgt. Der Patient ist dabei nicht bei Bewusstsein.

Quellen:
Krüger P.A.: Verbrannt auf der Corona-Intensivstation, Süddeutsche Zeitung, 25. April 2021 Oxyparat C. Allihn GmbH: Alles über Sauerstoff

Russland: An der Außenwand eines Krankenhauses für Corona-Patienten explodierte ein Tank mit medizinischem Sauerstoff

Wie durch ein Wunder kam bei der gewaltigen Detonation in Bagdad niemand ums Leben

Fotos: THAIER AL-SUDANI / REUTERS / picturedesk.com; Nail Fattakhov / Tass / picturedesk.com