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DIE FIREBUSTERS

EXPERIMENT 29: KNALLGAS

Als in der Anfangsphase der Tschernobyl-Katastrophe der Versuch unternommen wurde, den mächtigen Metallbrand im Reaktorcore mit Wasser zu löschen, kam es zum verhängnisvollen Phänomen der Knallgasexplosion. Die dabei eingesetzten Hubschrauber stürzten durch den entstehenden Feuerball und die gigantische Druckwelle ab und verglühten samt den Piloten im Höllenschlund des Reaktors. In dieser Folge der Firebusters wollen wir uns mit dem physikalisch-chemischen Hintergrund dieses Geschehens beschäftigen und dazu ein verblüffendes Experiment durchführen.

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nallgas ist ein explosibles Gemisch aus Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2), wobei diese beiden Substanzen unter Energiefreisetzung zu Wasser (H2O) verbrennen. Wir haben diese chemische Reaktion bereits kennengelernt:

Knallgas ist ein explosibles Gemisch aus Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2), wobei diese beiden Substanzen unter Energiefreisetzung zu Wasser (H2O) verbrennen. Wir haben diese chemische Reaktion bereits kennengelernt:


2 H2+ O2➔ 2 H2O + Energie

Die Verbrennung von Wasserstoff in Luft ist zwischen 4 und 75,6 Vol.-% möglich (Zündgrenzen). Ab 18 Vol.-% kommt es zu explosionsartigen Erscheinungen (Knallgas), darunter brennt Wasserstoff beim Vorhandensein einer Zündquelle ab (Knallgasflamme). Die optimale Umsetzung erfolgt dabei (siehe linke Gleichung) bei einem Stoffmengenverhältnis von zwei Teilen Wasserstoff zu einem Teil Sauerstoff.

Zerlegung des Wassermoleküls

Kommt Wasser mit heißen Oberflächen in Berührung, wird das Wassermolekül in seine Bestandteile zerlegt. Dieser Vorgang wird Dissoziation genannt und hängt stark von der Temperatur ab (siehe Abbildung) und tritt erst ab etwa 1.700 Grad Celsius merkliche in Erscheinung.

Gefährliche Metallbrände
Dies gilt vor allem bei intensiven und länger andauernden Metallbränden, wie beispielsweise im Atomkraftwerk Tschernobyl (Kernschmelze von etwa 2.500 °C) oder bei hoch erhitzten Metallschmelzen. Bei herkömmlichen Bränden (Temperaturen bis maximal 1.200° C) ist die Dissoziation von Löschwassermolekülen und damit die Gefahr der Knallgasbildung de facto kaum vorhanden! Hier werden nur Zerlegungen im Promillebereich wirksam, wogegen bei 2.500° C bereits zehn Prozent der Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt werden.

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KNALLGASEXPLOSION

Beim diesem Experiment wird eine Knallgasexplosion nicht anhand eines Metallbrandes (also durch Dissoziation von Wassermolekülen) demonstriert, sondern ein stöchiometrisches Gemisch von Wasserstoffund Sauerstoffgas im Verhältnis 2:1durch eine katalytische Reaktion von Platin/Palladium zur Zündung gebracht.

Materialien

  • Wasserstoff und Sauerstoff (Druckgasflaschen)

  • Platin-Palladium (Pt-Pd)-Katalysator im Kugelform (Fa. Hedinger, Stuttgart)

  • Stativ mit Klemme

  • Kunststoffspritze (100 ml), kann in einer Apotheke erworben werden

  • Plexiglasbecher 30-50 ml (durchsichtig)

  • Korken breit

  • Tiegelzange bzw. Pinzette


Versuch:

Auf einen Korken werden zwei bis drei Platin-Palladium-Kügelchen gelegt, sodass sie nicht wegrollen können. Dieser wird auf eine kleine Glasplatte gestellt. Dann wird das Knallgasgemisch in einer 100-ml-Kunststoffspritze hergestellt. Dabei werden aus einer H2-Gasflasche 60 ml Wasserstoff und aus einer O2-Gasflasche 30 ml Sauerstoff angesaugt. Dann drückt man den Inhalt der Spritze von unten in den verkehrt gehaltenen Plexiglasbecher, den man rasch über den Korken auf die Tischplatte stellt. Man entfernt sich rasch und kann nach wenigen Sekunden feststellen, dass die Kügelchen geheimnisvoll zu glühen beginnen. In der Folge kommt es zu einer Knallgasexplosion im Becher, der nach oben geschleudert wird.

Erklärung:
Die Platin-Palladium-Kügelchen spielen die Rolle eines Katalysators und können das Knallgasgemisch zünden. Dabei entsteht reichlich Energie, die den Becher etwas erwärmt. Im Becher und auf der Glasplatte kann ein Wasserdampf-Beschlag festgestellt werden.

Sicherheitshinweise:
Dieser Versuch darf nur mit einer Schutzbrille und einem Ohrenschutz für den Experimentator durchgeführt werden! Die Zuschauer sind vor dem lauten Knall zu warnen und müssen den Mund offenhalten! Es dürfen nur Kunststoffbecher (kein Glas) verwendet werden.

Literaturhinweis
WIDETSCHEK O.: Der große Gefahrgut-Helfer – Gefahren, richtiges Verhalten und Einsatzmaßnahmen bei Schadstoff-Unfällen; Leopold Stocker Verlag, Graz-Stuttgart, 2012. In diesem Lehrbuch werden die meisten der hier wiedergegebenen Experimente ausführlich beschrieben. Bestellungen über www.brandschutzforum.at – Shop.

WIDETSCHEK O.: Knallgas – Was ist das? (Unfall im Stahlwerk Donawitz); BLAULICHT, Heft 3/2013.

SEILNACHT T. und REHM M.: Experimente auf Video (pdf-Handbuch); www.seilnacht.com.

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Autor:
ELFR Dr. Otto Widetschek

Warnhinweis

Die Redaktion ersucht, den Warnhinweis zu beachten. Alle dargestellten Versuche bergen bei unsachgemäßer Ausführung Gefahren in sich. Bei Unfällen wird seitens der Redaktion keine Haftung übernommen.

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